9 Tipps, um der Spitzfeder auf die Sprünge zu helfen
Die gute Nachricht: Es liegt ziemlich sicher nicht an dir oder deinen Fähigkeiten, wenn deine Feder nicht schreiben will. Das kann nämlich ganz unterschiedliche Gründe haben. 9 mögliche Probleme und wie du sie lösen kannst.
1. Die Feder ist neu und der Schutzfilm wurde noch nicht entfernt. Deshalb perlt die Tinte von der Feder ab.
Jede neue Feder hat werkseitig einen Schutzfilm, der vor dem ersten Gebrauch entfernt werden muss, damit die Tinte an der Feder haften bleibt. Dafür kannst du eine der folgenden Möglichkeiten nutzen:
- Kartoffelstärke: Stecke die Feder vorsichtig in eine Kartoffel. Schiebe sie dazu am besten „auf dem Rücken“ mit der Spitze voran in die Kartoffel. Achte darauf, dass auch das Reservoir, das kleine Löchlein in der Mitte der Feder, bedeckt ist. So weit solltest du die Feder auch in die Tinte tauchen. Ziehe sie nach ein paar Minuten wieder aus der Kartoffel und reibe sie gründlich mit einem fusselfreien Tuch ab.
- Reinige die Feder mit Glasreiniger und einem fusselfreien Tuch.
- Benutze Spülmittel, um die Feder zu reinigen.
- Gib ein wenig Speichel auf ein Tuch und reibe die Feder damit ab.
Anschließend sollte die Tinte gut an der Feder haften bleiben. Vielleicht hast du auch schon einmal davon gehört, dass man den Schutzfilm entfernen kann, indem man die Feder „abflämmt“, also kurz über eine Flamme hält. Davon rate ich ab, denn dadurch kann die Feder Schaden nehmen und porös werden. Die hier aufgeführten Methoden sind einfach und zuverlässiger.
2. Die Feder ist zwar nicht neu, aber durch die Handhabung, im wahrsten Sinn des Wortes, hat sich wieder eine fettige Schicht auf die Feder gelegt.
Naturgemäß hantiert man regelmäßig mit der Feder. Dies kann jedoch dazu führen, dass sich mit der Zeit das eigene Hautfett auf die Feder legt. Wende dann einfach eine der oben genannten Methoden an, um diesen öligen Film wieder zu entfernen.
3. Die Feder ist abgenutzt.
Du hattest die Feder schon eine Weile in Gebrauch und auf einmal hast du das Gefühl, dass sie nicht mehr schreibt wie gewohnt:
- sie kratzt mehr als zuvor
- es sind keine feinen Haarlinien mehr möglich
- die Tinte will nicht mehr richtig fließen
Daran merkst du, dass es an der Zeit ist, die Feder zu ersetzen. Federn sind Gebrauchsgegenstände und nutzen sich ab, und wenn du mit ihr nicht mehr gut schreiben kannst, solltest du eine neue verwenden.
4. Die Feder ist nicht (mehr) intakt.
Auch wenn eine Feder nicht intakt ist, lässt sich mit ihr nicht schreiben. Dies muss nicht erst der Fall sein, wenn sie schon älter ist und sich abgenutzt hat – auch brandneue Federn können Fehler aufweisen. Schau sie dir einmal genau an: Klaffen die „Schenkel“ (die beiden Teile der Feder links und rechts des Spalts) etwas auseinander und schließen nicht am gleichen Punkt ab? Oder überlappen sie sich sogar leicht?
In beiden Fällen ist das vermutlich der Grund, warum die Feder nicht schreiben will. Die Schenkel sollten genau nebeneinanderliegen, nicht auseinanderklaffen und sich nicht überlagern. Sie sollten eine saubere, intakte Spitze bilden. Tun sie dies nicht, kannst du natürlich versuchen, sie wieder geradezubiegen. Ist das nicht möglich, muss die Feder ersetzt werden.
5. Die Tinte und die Feder passen einfach nicht zusammen
Es ist tatsächlich wahr: Nicht jede Feder funktioniert mit jeder Tinte. Tinten und Tuschen haben unterschiedliche Konsistenzen und Inhaltsstoffe. Wenn eine sehr flexible Feder beispielsweise auf eine sehr flüssige Tinte trifft, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Spalt sich zu schnell und zu weit öffnet. Dadurch zieht sich die Tinte dann eher zurück, als dass sie aus der Feder fließt. In diesem Fall kannst du versuchen, die Tinte mit etwas Gummi Arabicum zu binden oder sie über Nacht bzw. einige Tage offen stehen zu lassen, damit Wasser daraus verdunstet und sie dickflüssiger wird.
Auch manche Metallic-Tinten sind nicht für jede Feder geeignet. Versuche es hier einmal mit einer anderen Feder.
Und zuletzt kann es natürlich auch sein, dass die Tinte schlicht zu dick ist, um zu fließen; in diesem Fall musst du sie nur mit ein wenig mit Wasser verdünnen.
Funktioniert eine Feder mit einer Tinte also wunderbar, kann eine andere Feder sich geradezu dagegen sperren. Hier gilt es also, nicht gleich die Flinte ins Korn zu werfen, sondern entweder eine andere Feder oder eine andere Tinte auszuprobieren. In meiner „Federbibliothek“ findest du einen Überblick über verschiedenste Federn und wie sie sich im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Tinten und Papieren verhalten.
6. Die Feder braucht einen kleinen „Schubs“.
Ja, auch bei den Federn gibt es Divas, die ein bisschen gebeten werden möchten. Man braucht ein wenig Geduld, um die Tinte zum Fließen zu bringen. Manchmal hilft es, die Feder einmal umzudrehen und „auf dem Rücken“ zu schreiben. Auch ein paar „Punkte“ mit der Spitze auf dem Papier reichen oft aus, um die Tinte zum Fließen zu bringen. Oder du versuchst es mit einem anderen Papier. Und wenn so gar nichts funktioniert, dann passen Tinte (respektive Papier) und Feder wohl einfach nicht zusammen. Schaue dann einmal in meine „Federbibliothek“.
7. Die Feder wird nicht weit genug in die Tinte getaucht.
Manch einer ist eher vorsichtig, die Feder in die Tinte zu tauchen. Die Angst ist groß, dass sie dann dick auf das Papier tropft oder der erste Strich nicht so fein ausfällt wie gewollt. Um das zu vermeiden, streicht man die Tinte ein wenig am Rand des Gefäßes ab oder macht ein paar Probestriche auf einem Schmierzettel.
Doch auf jeden Fall sollte die Feder so weit in die Tinte eingetaucht werden, dass auch das Löchlein bedeckt ist: Dieses heißt nicht umsonst Reservoir, denn hier wird die Tinte „gespeichert“. Wird die Feder nur mit der Spitze eingetaucht, ist die Tinte schnell verbraucht und die Feder schreibt nur ein paar Striche, bis sie erneut eingetaucht werden muss.
8. Das Papier ist nicht gut für die Kalligrafie im Allgemeinen oder für die Feder ganz speziell geeignet.
Nicht nur Feder und Tinte, auch Feder und Papier müssen miteinander kompatibel sein. Gerade die extra feinen Federn tendieren schon bei eher glattem Papier dazu, ab und zu in den Papierfasern hängen zu bleiben. Für sehr raues Papier wie Aquarell-, Bütten- oder gar handgeschöpftes Papier empfiehlt es sich daher, keine allzu feine, sensible Feder zu verwenden. Auch hier solltet ihr euch durch verschiedene Kombinationen von Feder und Papier testen, um herauszufinden, was gut miteinander funktioniert – hilfreich ist dabei die „Federbibliothek“.
9. Wenn nichts davon zutrifft, liegt es möglicherweise doch an dir …
Beobachte einmal deine Handhaltung: Trifft die Feder in einem nicht allzu großen Winkel auf das Papier (gut) oder ist sie eher steil aufgerichtet (nicht so gut)? Trifft sie gerade auf das Papier (gut) oder ist sie nach links oder rechts geneigt (nicht so gut)? Trifft sie für die von euch gewählte Schrift im richtigen Winkel auf das Papier (gut) oder nicht, so dass sich die Schenkel bei Abwärtsstrichen nicht richtig öffnen können (nicht so gut)? Wenn ihr nur bei einer dieser Fragen die zweite der genannten Möglichkeiten bejaht, dann versucht erst einmal eure Haltung zu optimieren, bevor ihr die Feder verflucht. Lest dazu auch diesen Artikel: Die Feder bleibt im Papier hängen, obwohl es ganz glatt ist.
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